Vortrag über Hausgeburten, Hebammenpraxis
Schweinfurt
Ich heiße Lisa
Volk und bin seit 1982 Hebamme.
Seit 1994 bin ich freiberuflich tätig und begleite Frauen und ihre Partner
bei einer Hausgeburt.
Meistens sind es ca. 18-20
Hausgeburten im Jahr.
Neben den Hausgeburten mache
ich auch noch die Vorsorge-Untersuchungen in der SS, Risiko-SS-Begleitung, und
die Wochenbettsbetreuung.
Ich würde ihnen gerne
erzählen, warum ich Frauen und Paare bei einer HG begleite:
Ich war lange in der Klinik als angestellte Hebamme
tätig, und dort war es oft so, dass ich gleichzeitig mehrere Frauen unter
der Geburt zu betreuen hatte. Neben den Gebärenden hatte ich noch
Telefonate zu erledigen, und auch andere Routine-Aufgaben. Ich hatte da oft das
Gefühl, dass ich keiner Frau richtig gerecht werden konnte.
Außerdem war es oft so,
dass bei den Frauen unter der Geburt häufig Routine-Maßnahmen
ergriffen wurden, damit das Kind schneller kommt.
Ich habe es oft erlebt, dass
eine Geburt nicht normal endet, wenn sie nicht normal angefangen hat.
Seit ich Hausgeburten
begleite, habe ich viel von den Frauen gelernt. Ich habe ich erlebt, dass
Frauen sich meistens intuitiv wehengerecht verhalten, und aus eigener Kraft
gebären können.
Was ich ganz oft beobachtet
habe, ist, dass Mutter und Kind
einen gemeinsamen Rhythmus haben. Die Frau bekommt in der Regel nur so viel
Wehen, wie es das Kind aushält.
Diesen Rhythmus darf man nicht stören!!!
Wenn man Frauen unter der
Geburt in Ruhe lässt, um ihren eigenen Rhythmus zu finden, verlaufen die
Geburten meist sehr schön und ohne Komplikationen.
Außerdem hat bei einer
HG die Frau eine Hebamme für sich allein, und muß
sie nicht mit anderen Frauen teilen.
Auch für mich, als
betreuende Hebamme ist das ein sehr schönes und befriedigendes Arbeiten. àMich voll und ganz auf eine Frau einlassen zu
können, nicht dauernd gestört zu werden, durch Telefonate,
Neuaufnahmen, und anderen gebärende Frauen.
Ich kenne in der Regel
die Frauen vor der Geburt schon
sehr lange, meist melden sich die Frauen sehr frühzeitig an und ich mache
dann mehrere Hausbesuche in der SS, um die Frauen und auch die Familie
kennenzulernen.
Die Geburt zu Hause wird
eingehend durchgesprochen, auch die
Grenzenà wann muß man daheim aufhören, wann muß die Frau in die Klinik, und wo gehen wir dann
hin!
Da ich die Frauen ja meist
sehr gut in der SS kennengelernt habe – ich mache dann auch oft die
Vorsorge-Untersuchungen – da ist dann ein Vertrauensverhältnis
gewachsen. Die Frau kennt mich, und ich kenne sie sehr gut, so daß wir gut unter der Geburt zusammenarbeiten
können. Ich versuche auch immer ihre Wünsche und Vorstellungen zu
respektieren, auch ihr Zeit zu lassen, und kann deshalb auch oft unnötige
Maßnahmen vermeiden.
Ich arbeite vor allem nach meinem
Gefühl, das muß für alle Beteiligten
bei der Geburt stimmen, für mich als betreuende Hebamme, für die gebärenden Frau und auch für den werdenden Vater.
Wenn Angst oder Unsicherheit
bei einer HG dazukommt, muß man daran denken,
in die Klinik zu gehen.
Wie läuft eine HG
normalerweise ab:
Meist werde ich wegen Wehen
gerufen, und wenn ich dann bei der Frau eintreffe, mache ich mir dann erstmal ein Bild von
ihr, wie verhält sie sich, wie sind die Wehen, kommt sie gut zurecht, was
tut ihr gut, seit wann hat sie Wehen usw.
Die kindl.
Herztöne überwache ich immer wieder mit einem sog. Sonicaid,
das ist ein Herztongerät, mit dem man die Herztöne laut hört, es
ist oft sehr beruhigend für die werdenden Eltern, wenn sie die HT`s hören können, und damit wissen, daß es ihrem Kind gut geht.
Außerdem orientiere ich
mich sehr an den KBW, ob es dem Kind unter der Geburt gut geht, wenn sich ein
Kind ganz normal bewegt, kann es ihm nicht schlecht gehen.
Normalerweise lasse ich die
Frau sich während den Wehen so bewegen, wie sie möchte, und sie die
Wehen am besten aushalten kann. Nur falls die Wehen damit nichts bringen
sollten, oder das Köpfchen des Kindes nicht optimal im Becken eingestellt
ist, dann muß ich viel mit der Frau arbeiten, muß sie motivieren, sich zu bewegen, die Position zu
wechseln, massieren usw.
Medikamente setze ich
normalerweise keine ein, sehr selten gebe ich der Frau homoöpathische
Mittel. Die meisten Frauen brauchen keine Medikamente.
Bei manchen Frauen muß ich auch gar nicht viel machen, die können
gut gebären, ich bin nur dabei und helfe dann ganz zum Schluß
etwas, wenn das Kind dann auf die Welt kommt.
Für den Notfall habe ich
aber auch Medikamente dabei, sowie eine Sauerstoffflasche und einen
Beatmungsbeutel fürs Kind.
Die letztendliche
Geburtposition lasse ich in der Regel die Frauen auch wählen, mir ist die
Position egal, ich sage immer, Hauptsache es geht.
Wenn das Kind dann da ist,
kann die Mutter meist ihr Kind selbst nehmen, ich achte dann darauf, daß beide warm gehalten werden, und sich erstmal
kennenlernen können. Es wird in Ruhe abgewartet, bis die Nabelschnur
auspulsiert ist, und dann erst abgenabelt.
In der Regel wird relativ bald zum ersten Mal
gestillt.
Nach 20-50 min kommt meistens
die Nachgeburt, die schaue ich dann an, ob sie auch vollständig ist.
Dann irgendwann wird das Kind
in Ruhe angeschaut, das heißt die erste Vorsorgeuntersuchung gemacht,
gewogen, gemessen und, wenn es die Eltern wünschen, dann angezogen.
Ich bleibe in der Regel 2-3
Stunden nach der Geburt noch da, und gehe erst nach Hause, wenn ich das
Gefühl habe, daß alles in Ordnung ist.
Meist mache ich dann noch am selben Tag den ersten Wochenbettsbesuch.
Geburten lassen sich nicht
planen, oft verlaufen die HG in der Nacht.
Es gibt Frauen, die sind sehr
schnell, und ich schaffe es gerade noch rechtzeitig, und bei manchen Frauen muß ich mehrere Stunden anwesend sein, bis das Kind
endlich kommt.
Geburten sind sehr
unterschiedlich, und jede Frau gebärt in ihrem eigenen Rhythmus, in ihrer
eigenen Zeit. Deshalb kann man Frauen nicht in ein Schema pressen, und damit
festlegen, wie die Frau zu gebären hat.
In den Kliniken werden
gewisse Standard`s herausgegeben, das heißt
verschieden Maßnahmen sind für jede Gebärende vorgesehen. Da
aber jede Frau anders gebärt, kann man dadurch auch Komplikationen
hervorrufen!
Außerdem darf man die
Kinder unter der Geburt nicht vergessen! Manchmal muß
man auch mit den Kindern unter der Geburt arbeiten, und die werdende Mutter
oder auch ich müssen mit dem Kind reden, damit es sich doch noch richtig
ins Becken reindreht.
Viele Frauen werden
verunsichert, wenn sie den Wunsch äußern, daß
sie zu Hause gebären möchten. Sie bekommen oft zu hören, daß das viel zu gefährlich sei.
Das kann ich nicht bestätigen!
Hausgeburten sind sicher!
Außerdem wird immer
wieder gesagt, daß die „Sauerei“
daheim viel zu viel wäre.
Dazu kann ich nur sagen:
Normalerweise gibt es einen Abfallsack voll Abfall und eine Waschmaschine voll
Wäsche.
Ich muß
zwar auch immer wieder mal eine Frau in die Klinik verlegen, à die Verlegungsrate beträgt ca. 10% , aber die
allermeisten Geburten verlaufen sehr schön und unkompliziert.
Ich habe von den
gebärenden Frauen sehr viel gelernt, vor allem: Man muß
die Frauen in Ruhe lassen und abwarten können!
Es gibt ein schönes
Zitat, und das kann ich voll und ganz bestätigen:
„Der beste Ort für die Hände des
Geburtshelfers sind die eigenen Hosentaschen!“
Ich kann ihnen noch einen
kleinen Überblick über meine Statistik geben:
Ich habe in den 20 Jahren ca 300 HG begleitet, davon habe
ich:
- 6 Frauen mit Blaulicht
verlegt,
- bei 7 Kindern habe ich nach
der Geburt etwas Sauerstoff angeboten, weil sie etwas gestresst waren.
- bei 4 Frauen habe ich einen Dammschnitt
gemacht.
Es kann schon sein, daß
der Damm unter der Geburt einreißt, das ist in der Regel aber keine
große Verletzung, und ich kann das eigentlich auch immer nähen.
Es gab auch Frauen, die nach
einer abgebrochenen HG einen Kaiserschnitt nötig hatte, aber bisher war es
nie ein Notkaiserschnitt, und meist sind das nur 1-2 Frauen im Jahr.
Wenn eine Verlegung in die
Klinik erforderlich war, habe ich mich immer bemüht, Mutter und Kind so
rechtzeitig in die Klinik zu bringen, daß ihnen
nichts passiert, und das ist mir bisher auch immer gelungen!!
Abschließend kann ich
noch sagen, daß ich das Arbeiten mit den
gebärenden Frauen zu Hause sehr genieße, und ich könnte mir
nicht mehr vorstellen, in einer Klinik zu arbeiten.
Vielen Dank